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AKTIEN

„HIN- UND HERGERISSEN“

Von Johan Van Geeteruyen,
CIO Fundamental Equity bei DPAM

Sehen Sie sich die Expertenkonferenz an:

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KEY TAKEAWAYS

  • Das Wachstum wird weiter über dem Trend liegen
  • Keine Lockdowns zu erwarten, aber gezielte restriktive Maßnahmen
  • Die relativen Bewertungen sind attraktiver geworden
  • Der gestiegene Wohlstand der privaten Haushalte wird die Nachfrage strukturell ankurbeln
  • Versorgungsengpässe u.a. zwingen zu mehr Investitionen
  • Geldpolitik bleibt unterstützend /span>
  • Fiskalische Anreize fließen weiter

Nach drei schwierigen Jahren mit herausragenden Ergebnissen fragen sich Anleger zu Recht: „Wie geht es weiter?“ Was bleibt für die Zukunft, jetzt, da eine Drosselung der Wertpapierankäufe bevorsteht und die Inflation in die Höhe schießt? Die dunklen Wolken am Horizont trüben den positiven Ausblick, den Anleger im Sommer hatten.

COVID steht leider immer noch im Mittelpunkt des Geschehens. Die Entdeckung von Impfstoffen löste im November 2020 einen massive Reflation Trade aus. Und mit deren Einführung sah die Welt einen klaren Ausweg, ein Licht am Ende des Tunnels. Auch das Jahr 2021 begann gut – einige Strategen verglichen es sogar mit den „Goldenen Zwanzigern“, die auf den Ersten Weltkrieg folgten. Doch schon bald dämpfte die schleppende Impfkampagne die Begeisterung der Menschen. Während die Impfung allmählich an Fahrt aufnahm, musste sich die Welt mit dem neuen Delta-Stamm und zuletzt mit der Omikron-Variante auseinandersetzen. Heute liegt die Impfquote in den Industrieländern bei 70 %. Die Entwicklungsländer haben jedoch aufgrund unzureichender Vertriebskanäle und Infrastruktur noch Nachholbedarf. In Ländern wie China, Malaysia und Vietnam gibt es nach wie vor Lockdowns, was die Probleme in der Lieferkette für den Rest der Welt noch verschärft. Heute ist die Impfmöglichkeit weithin gegeben, und die Regierungen erwägen eine dritte Impfung, die so genannte „Booster-Impfung“, um eine maximale Auslastung der Wirtschaft zu gewährleisten. Letztendlich müssen wir vielleicht lernen, mit COVID zu leben, wie es bei der Grippe der Fall ist.

Die weltweiten Engpässe in der Lieferkette sind eine zweite zentrale Herausforderung, die zum Teil mit der ersten zusammenhängt. Im Jahr 2020 drosselten die Verbraucher ihren Konsum. Die Unternehmen nutzten ihre vorhandenen Lagerbestände, um ihre Kunden zu bedienen, während die Produktion aufgrund von Lockdowns heruntergefahren wurde. Die Lagerbestände erreichten aufgrund der bestehenden Ungewissheit hinsichtlich der künftigen Entwicklung historische Tiefstände. Darüber hinaus waren die Unternehmen bestrebt, Barmittel und Liquidität zu erhalten, um künftigen Turbulenzen zu trotzen. Im November wurde jedoch deutlich, dass die Unternehmen wieder auf volle Produktion umstellen mussten, um den künftigen Nachholbedarf – die V-förmige Erholung – zu decken. Der Mangel an Arbeitskräften und die niedrigen Lagerbestände in der gesamten Wertschöpfungskette belasten die Produktion allerdings stark. Die Engpässe waren in der gesamten Wertschöpfungskette spürbar und betrafen vor allem Unternehmen am Ende der Wertschöpfungskette. Diese Situation lässt sich mit einer Massenkarambolage auf der Autobahn vergleichen – am Ende des Staus sieht man mehr Unfälle als am Anfang. Dadurch verlängerten sich die Lieferzeiten, und jeder versuchte, so viel Rohstoffe wie möglich zu ergattern, was zu Überbestellungen führte. Viele Unternehmen erkannten auch, dass sie zu sehr von einigen wenigen Lieferanten abhängig waren. Dies kann zwar bisweilen ein Vorteil sein (z. B. bessere Einkaufsbedingungen), führt aber im Allgemeinen zu längeren Lieferzeiten und höheren Preisen.

Und damit kommen wir zu dem starken Preisanstieg, der auf diese Herdenmentalität zurückzuführen ist. Jeder ist bereit, einen höheren Preis für die notwendigen Materialien und Komponenten zu zahlen, um seine Kunden bedienen zu können. In der Tat fürchten die Unternehmen, Marktanteile zu verlieren. Die Folge sind in einigen Fällen Überbestellungen und folglich steigende Preise bei Rohstoffen, Halbleitern, Lebensmittel, Logistik und Löhnen. Es handelt sich um eine typische Kettenreaktion, die inzwischen in mehreren Wertschöpfungsketten zu beobachten ist. Bei den Energiepreisen ist der Anstieg nicht das Ergebnis einer explodierenden Nachfrage, sondern eher das Ergebnis einer äußerst ungünstigen Situation (d.h. schlechtes Wetter, Überschwemmungen, Unterbrechung der Kohleversorgung, Dekarbonisierung, politischer Streit mit Australien etc.). Die steigenden Erdgaspreise wirkten sich daher auch auf die übrige Welt aus.

Das System ist in hohem Maße strapaziert. Dennoch sind angespannte Arbeitsmärkte und Engpässe in der Lieferkette nicht unbedingt neu. In der Vergangenheit hat die Weltwirtschaft diese Probleme schon häufiger erlebt, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. Für all dies wird letztendlich eine Lösung gefunden werden. Dennoch ist es schwierig, hierfür einen genauen Zeitpunkt zu bestimmen. Das kommt einer sehr vagen Einschätzung gleich. Falls es jedoch viel Zeit in Anspruch nimmt, bis diese Probleme gelöst sind, und wenn die Menschen nicht bereit sind, die hohen Preise zu zahlen, oder wenn sie zu lange warten müssen, um ihre Produkte zu erhalten, könnte sich dies letztlich negativ auf die Verbrauchernachfrage auswirken. Ein Nachfrageeinbruch könnte einen positiven Effekt haben: weniger Stress für das System. Die Unternehmen hätten mehr Zeit, ihre Lagerbestände aufzufüllen, die Produktion anzupassen, Mitarbeiter einzustellen und zu schulen. Letztendlich wird die Nachfrage wieder steigen, da die Haushalte während der Pandemie mehr Vermögen angehäuft haben. In puncto Energiepreise ist zu erwarten, dass sie nach dem Winter, wenn die Nachfrage nachlässt, sinken werden.

Damit kommen wir zur vierten Herausforderung: China. Xi Jinping ist entschlossen, eine verbrauchsorientierte Wirtschaft anstelle einer industrieorientierten Wirtschaft zu schaffen. In einer ersten Phase zielt er darauf ab, das Durchschnittseinkommen in China zu erhöhen. Diese Politik war nicht frei von Mängeln und ließ Raum für Exzesse. Zu Beginn des Jahres begann die Regierung damit, diese Auswüchse zu bekämpfen, indem sie den Schwerpunkt auf den allgemeinen Wohlstand legte. Zur Erhöhung der Geburtenrate mussten die chinesischen Bürger dafür sorgen, dass die Haushalte über ausreichende Mittel verfügten, um Kinder angemessen aufziehen zu können. Exzesse in den Bereichen Glücksspiel, Bildung und Eigentum wurden direkt und unnachsichtig angegangen. Dies kann sich auf die gesamte Weltwirtschaft auswirken: Wenn China den Verbrauch um eine Einheit erhöht und die Investitionen um eine Einheit senkt, bleibt sein BIP unverändert. Die Folgen dieser Politik würden jedoch auch im Rest der Welt zu spüren sein.

Drei wichtige Wirtschaftsakteure müssen eine schwere Entscheidung treffen, die die Märkte im Jahr 2022 und darüber hinaus prägen wird.

Die Zentralbanken müssen sich entscheiden: „Ist die hohe Inflation vorübergehend oder strukturell?“ Auf der letzten Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank (Fed) in Jackson Hole schwenkte die Fed von einem expansiven zu einem eher restriktiven geldpolitischen Kurs um. Eine Drosselung der Wertpapierankäufe (Tapering) war absehbar und wurde vom Markt bereits erwartet. Der Markt konzentrierte sich auf das Ausmaß des Tapering und den Zeitpunkt einer möglichen Zinsanhebung. Die Märkte sind verunsichert, wie die erhöhte Anzahl von erwarteten Zinserhöhungen im Jahr 2022 zeigt. Bereits jetzt rechnen die Anleger mit 2,5 Zinsschritten in 2022. Die größte Gefahr für die Märkte ist ein politischer Fehler. Es macht einen großen Unterschied, ob die Fed die Zinsen zu früh oder zu schnell anhebt.

Die Unternehmen müssen mit Betriebsstörungen und akuten Versorgungsengpässen zurechtkommen. Sie müssen entscheiden, ob sie weiterhin bereit sind, hohe Preise für Lieferungen, Logistik usw. zu zahlen. Außerdem müssen sie prüfen, ob sie diese Preiserhöhungen an ihre Kunden weitergeben können. Dieser Spielraum für Preiserhöhungen wird sich auf künftige Gewinnspannen und Marktanteile auswirken. Ein übertriebener Preisanstieg könnte die Nachfrage bremsen und zu einem Rückzug der Konsumenten führen. Für einige Unternehmen ist es einfacher, diese zusätzlichen Kosten weiterzugeben als für andere. Upstream- und Nischenunternehmen sind am ehesten in der Lage, eine solche kritische Situation zu überstehen.

Und schließlich kommt der Verbraucher ins Spiel. Wird er bereit sein, für seine Einkäufe mehr zu bezahlen? Wird er die Geduld aufbringen, ein ganzes Jahr zu warten, bis er sein neues Auto in Empfang nehmen kann? Das Ergebnis all dieser Entscheidungen wird uns zeigen, wie sich die Märkte im nächsten Jahr verhalten werden.
Insgesamt sehen wir eine Reihe von Faktoren, die uns darin bestärken, dass die Märkte im kommenden Jahr weiterhin positive Ergebnisse erzielen werden:

    • Das Wachstum wird weiter über dem Trend liegen.

    • Kein „Goldene Zwanziger“-Effekt, aber zumindest eine erhöhte Nachfrage der Haushalte in der Zukunft.

    • Die Investitionsabsichten der Unternehmen werden aufgrund des Arbeitskräftemangels und der Probleme in der Lieferkette zunehmen.

    • Die Unterstützung durch die Zentralbanken und die politischen Entscheidungsträger wird fortbestehen.

    • Die Gewinnschätzungen für die nächsten Quartale sind zu niedrig.

    • China wird dank gezielter geld- und fiskalpolitischer Impulse weiter wachsen.

 

Mit Blick auf die Positionierung sollten Sektoren bevorzugt werden, die zur Lösung aktueller Probleme wie Versorgungsengpässe, geringere Produktivität, disruptive Veränderungen und ESG beitragen. Uns gefallen vor allem Unternehmen mit einer starken Preissetzungsmacht, die sich auf innovative Technologien sowie auf solide Unternehmens- und Umweltinvestitionen konzentrieren. Diese Unternehmen sind optimal aufgestellt, um von den wichtigsten Trends im Jahr 2022 zu profitieren.

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