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ARTIKEL
Von Matthew Welch,
Responsible Investment Specialist bei DPAM
Die wesentlichen Punkte:
Der Markt für ESG-Anleihen wächst unverändert schnell. Mit einem Wachstum von 29 % war 2020 ein hervorragendes Jahr für ESG-Anleihen. Wie aus der nachstehenden Grafik hervorgeht, ist ein wesentliches Element, das diesen deutlichen Anstieg ermöglicht hat, in der Zunahme der Social Bonds zu sehen. Dieser Anstieg fiel eindeutig mit der Ausbreitung des COVID-19-Virus und den damit verbundenen sozialen Problemen zusammen, die von Gesundheits- und Sicherheitsproblemen bis hin zu einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen reichten. Nichtsdestotrotz sind Green Bonds nach wie vor der größte Treiber des derzeitigen Marktes für Anleihen mit ESG-Label.
Doch welche anderen Instrumente außer Green Bonds gibt es sonst noch auf dem Markt für ESG-Anleihen? Nachhaltigkeitsbezogene Anleihen sind ein Beispiel für eine neu entstandene Emissionsart. Sie wurden 2019 vom Energieversorger Enel auf den Markt gebracht und haben bei nachhaltigen Anlegern schnell an Attraktivität gewonnen. Und diese Attraktivität dürfte noch weiter zunehmen. Diese neue Art der Emission sollte nicht mit Nachhaltigkeitsanleihen verwechselt werden, die bewusst ökologische und soziale Projekte mischen und nach demselben Mechanismus wie Social oder Green Bonds funktionieren.
GREEN BONDS: DIE WICHTIGSTEN TREIBER DES MARKTES FÜR ANLEIHEN MIT ESG-LABEL
Green Bonds lassen sich als aktivitätsbasierte Anleihen kategorisieren, bei denen die Erlöse für klar umrissene Projekte bestimmt sind. Dieses aktivitätsbezogene Instrument ermöglicht es den Anlegern, genau zu verstehen, wie die Finanzierung – im Falle von Green Bonds – zur Lösung von Umweltproblemen wie dem Klimawandel oder dem Verlust der Biodiversität eingesetzt wird.
Die von der International Capital Market Association (ICMA) aufgestellten strengen Richtlinien, die so genannten Green Bond Principles, gewährleisten ein Höchstmaß an Transparenz gegenüber den Anlegern. Diese Grundsätze regeln die Verwendung der Anleiheerlöse, die Bewertung und Auswahl der Projekte im Rahmen der Green Bonds, das Management der Erlöse und schließlich die Berichterstattung über die Verwendung der Erlöse und die erzielten Auswirkungen.
Die lange Erfolgsbilanz der Green Bonds hat deutlich gezeigt, dass diese Art von Instrumenten einen Mehrwert bietet, um Kapital in Projekte zu lenken, die positive Auswirkungen auf die Umwelt haben. Allerdings hat das Kernmerkmal dieses Instruments auch einen kleinen Nachteil.
Aufgrund der Nutzung eines auf der Erlösverwendung basierenden Ansatzes (use-of-proceeds) sind der Finanz- und der Versorgungssektor unter den Unternehmensemittenten dieser Anleihekategorie überrepräsentiert. Diese beiden Sektoren arbeiten häufig auf Projektbasis mit Projektportfolios, die logischerweise mit klaren Nachhaltigkeitszielen verknüpft sind und daher leicht über maßnahmenbezogene Instrumente finanziert werden können.
Die nachstehende Abbildung zeigt das Angebot an nachhaltigen Unternehmensanleihen ab 2013 und verdeutlicht die Tendenz zu Finanzwerten und Versorgern. Dies hat zur Folge, dass nur bestimmte Projekte finanziert werden, insbesondere in den Bereichen erneuerbare Energien und nachhaltiger Wohnungsbau.
In jüngster Zeit haben wir eine zunehmende Diversifizierung bei der Emission von Green Bonds über verschiedene Sektoren hinweg gesehen, aber die Konzentration auf bestimmte Sektoren ist immer noch gegeben. Wir brauchen daher einen Wandel in allen Sektoren, um die ökologischen Herausforderungen zu bewältigen.
Quelle: Bloomberg, Morgan Stanley Research
Nun scheint ein neues Finanzierungsinstrument, nachhaltigkeitsbezogene Anleihen, eine Antwort auf die sektorale Verzerrung des Marktes für Green Bonds zu sein.
NACHHALTIGKEITSBEZOGENE ANLEIHEN
Die ICMA beschreibt nachhaltigkeitsbezogene Anleihen (Sustainability-Linked Bonds) als jede Art von Anleihen, deren finanzielle und/oder strukturelle Merkmale davon abhängen, ob der Emittent vordefinierte ESG-Ziele erreicht. Das variable Merkmal der Anleihe ist häufig eine Erhöhung der Kuponzahlungen, wenn der Emittent die vordefinierten Nachhaltigkeitsziele nicht erreicht. Das Konzept dieser Anleiheart ist vorausschauend und performanceorientiert, womit diese Wertpapiere im Gegensatz zu Green Bonds als verhaltensbasierte Instrumente eingestuft werden können. Es ist also ein Instrument, bei dem der Anleger nicht weiß, wo die Mittel investiert werden, aber eine gewisse Sicherheit über die Auswirkungen hat, die das Unternehmen durch vordefinierte nachhaltige Ziele erzielen wird. Die Aufhebung der projektbezogenen Beschränkungen ermöglicht es einer größeren Zahl von Emittenten, dieses Instrument zu nutzen.
Hervorzuheben ist, dass es im Gegensatz zu Green und Social Bonds keine „Zweckbindung“ für die Verwendung der Anleiheerlöse für bestimmte Umwelt- oder Sozialprojekte gibt. Der Emittent hat volle Entscheidungsfreiheit über die Verwendung der Erlöse. Diese zusätzliche Flexibilität ist sowohl Segen (breiteres Universum) als auch Fluch (mehr Potenzial für Greenwashing).
Die Zahlen vom April in der nachstehenden Abbildung verdeutlichen den durch die Einführung von nachhaltigkeitsbezogenen Anleihen hervorgerufenen Diversifizierungseffekt bei Unternehmensemittenten.
Corporate ESG-Labeled Debt by Sector ($bn)
Um die Ausgestaltung dieses Instruments zu standardisieren, hat die ICMA außerdem freiwillige Verfahrensrichtlinien für Unternehmen entwickelt, die eine Emission von Sustainability-Linked Bonds in Erwägung ziehen. Diese Grundsätze bestehen aus fünf Kernkomponenten:
Die Auswahl relevanter KPIs und Ziele könnte für Unternehmen, die sich mit klimabezogenen Themen wie der Dekarbonisierung befassen, einfacher sein, wenn klare Prozesse und Ziele für die Berechnung der Scope-1-, -2- und -3-Emissionen definiert worden sind. Für Unternehmen, die mit sozialeren ESG-Themen konfrontiert sind, könnte sich die Festlegung relevanter KPIs und Ziele als schwierig, aber nicht unüberwindbar erweisen.
Angesichts der zusätzlichen Flexibilität dieser Art von Instrumenten und der Unwägbarkeit, mit der die Anleger hinsichtlich der Anleiheerlöse konfrontiert sind, müssen die Anleger jede Emission gründlich analysieren, um Sustainability-Washing, zu vermeiden.
ZUNAHME BEI SOCIAL BONDS AB 2020
Als letzte Art der ESG-Anleihen sind Social Bonds zu nennen. Dieses aktivitätsbezogene Instrument konzentriert sich, soweit es um die Verwendung der Erlöse geht, auf Projekte mit sozialer Wirkung. Abgesehen von diesem unterschiedlichen Anwendungsbereich lässt er sich am besten mit dem Mechanismus von Green Bonds vergleichen. Der starke Anstieg dieser Anleiheart, bei dem sich die Emissionen im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr verdreifachten und sich das Volumen auf 150 Milliarden US-Dollar belief, lässt sich mit der Covid-19-Pandemie in Verbindung bringen.
Viele Akteure, vor allem Regierungsstellen, staatliche Einrichtungen und supranationale Organisationen, nutzen dieses Finanzierungsinstrument, um die negativen sozialen Folgen der Covid-19-Pandemie abzufedern. Die Erlöse aus diesen Anleihen werden folglich für Projekte verwendet, die die Arbeitslosenzahlen senken, den Zugang zu Sozialwohnungen verbessern oder den Zugang zu Gesundheitsdiensten erweitern.
Auch im Jahr 2021 floriert die Emissionstätigkeit bei Social Bonds, wobei das aktuelle Emissionsvolumen bereits fast die Höhe des vergangenen Jahres erreicht hat! Wir sind zuversichtlich, dass sich dieser Trend fortsetzen wird, und hoffen, dass die Emissionen von Unternehmen (die 2021 nur 17 % der Emissionen am Markt ausmachen) an Fahrt gewinnen werden.
NOTWENDIGKEIT DER QUALITATIVEN BEURTEILUNG
Dank des Umweltschwerpunkts von Präsident Bidens Infrastrukturprogramm, der Einführung von Umweltinitiativen der Europäischen Union und der Verbreitung von Zielen zur Reduzierung der Emissionen auf null, die von Regierungen und Unternehmen auf der ganzen Welt angekündigt wurden, wird die Emission von nachhaltigkeitsbezogenen Anleihen (Sustainability-Linked Bonds) weiter zunehmen. Dank der künftigen Rgeulierungsmaßnahmen, wie den kürzlich von der Europäischen Kommission veröffentlichten Standards für Green Bonds, wird es ein höheres Maß an Qualitätssicherung geben. Auf der anderen Seite werden die Asset Manager von den Anlegern noch genauer unter die Lupe genommen werden, da sie bei Investments in nachhaltigkeitsbezogene Anleihen ein tiefes Verständnis der Nachhaltigkeitsherausforderungen der Emittenten unter Beweis stellen müssen.
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