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CIO’S VIEW

ASSET-ALLOKATION:

Gefangen zwischen rückläufiger Konjunktur und lockerer Geldpolitik

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Von Yves Ceelen, Head of Institutional Portfolio Management bei DPAM

Die jeweilige Positionierung (Übergewichtung, Neutral, Untergewichtung) bezieht sich auf ein ausgewogenes Portfolio im Vergleich zu einer neutralen strategischen Gewichtung.

Staatsanleihen: übergewichtet

Nach einem sehr guten Mai setzten die Anleihenmärkte ihre Rally im Juni fort und gaben erst bei einer markanten Korrektur Anfang Juli einen Teil dieser Performance wieder ab. Die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen fielen auf 2,1% und die 10-jähriger Bundesanleihen auf -0,25% (nach einem zwischenzeitlichen historischen Tief von -0,4%). Zum Vergleich sei darauf hingewiesen, dass die Renditen 10-jähriger amerikanischer und deutscher Staatsanleihen zu Beginn des derzeitigen Abwärtstrends Anfang Oktober 2018 bei 3,2% bzw. 0,5% lagen.

Hauptgrund für die Entwicklung der Marktrenditen ist die anhaltende Politik der Zentralbanken in Richtung einer lockereren Geldpolitik. Wenngleich dieser Trend bereits seit Ende letzten Jahres vorherrscht, scheint er sich in den vergangenen Wochen beschleunigt zu haben. Die Frühindikatoren deuten weltweit auf eine anhaltende Abschwächung der Wirtschaftsdynamik und der Inflationszahlen hin, wodurch die Inflationserwartungen wieder zurück gehen. Die Markterwartung für die mittelfristige Inflation (der sogenannte 5 Jahres Forward Swap-Satz) fiel von nur knapp über 2% Anfang Mai auf 1,8% für die USA und auf ein neues Rekordtief von 1,2% für die Eurozone.

Das Schlüsselwort der US-Notenbank lautet nun nicht mehr „Geduld“; Jerome Powell spricht vielmehr davon, dass die Fed „angemessene Maßnahmen ergreifen wird, um die Expansion zu unterstützen“. Der Markt erwartet von jetzt an zwei bis drei Zinssenkungen bis Ende 2019 sowie eine weitere in 2020. Dies entspricht auch unserer Einschätzung.

2016 löste der Rückgang der Inflationserwartungen einen außergewöhnlichen geldpolitischen Kurs der EZB ein. Im Rahmen der quantitativen Lockerung kündigte Mario Draghi sowohl Zinssenkungen als auch ein neues Anleihenkaufprogramm an. Zukünftig könnte Christine Lagarde als neue Präsidentin das Ruder der EZB übernehmen. Damit würde eine Fortsetzung der unter Draghi verfolgten wohlwollenden Geldpolitik wahrscheinlich werden.

Staatsanleihen der Peripherieländer entwickelten sich sehr gut, wobei sich die Spreads spanischer und portugiesischer Papiere verringerten. Nach anfänglichen Problemen zur Zeit der Europawahlen verengten sich auch die Spreads italienischer Staatsanleihen bis auf 190 Basispunkte, nachdem sie Anfang Juni noch bei 285 Basispunkten lagen. Da die italienische Regierung offensichtlich eine erneute Konfrontation mit der Europäischen Kommission vermeiden wollte, stand die Region ganz klar in der Gunst der Anleger auf ihrer Suche nach Rendite.

Aufgrund des Rückgangs der Inflationserwartungen sind die Bewertungen von inflationsgebundenen Anleihen mittlerweile sehr attraktiv. Wir halten daher eine übergewichtete Position in weltweiten inflationsgebundenen Anleihen als Absicherung gegen unvorhergesehene Inflationsszenarien.

EUR-Investmentgrade-Unternehmensanleihen: untergewichtet

Da die von den Zentralbanken ausgelöste Suche nach Rendite anhält, verengten sich die Spreads von in EUR begebenen Investmentgrade-Anleihen von 70 auf 49 Basispunkte. Sie kehrten damit ihre Ausweitung vom Mai mehr als um.

Da die Spreads wieder auf ihren Niveaus vom März 2018 liegen und die Zinsen weiter gesunken sind, liegen die absoluten Renditen von Unternehmensanleihen auf Rekordtiefs.

Angebot und Nachfrage sind ausgewogen. Die Emissionstätigkeit im Primärmarkt zeichnet sich durch hohe Deckungsquoten aus.

In einem Anleihenmarkt, in dem immer mehr Vermögenswerte negative Rendite aufweisen, werden Anleger weiterhin Interesse für solche Papiere zeigen, die eine zusätzliche Rendite bieten.

Wir bleiben dennoch bei einer Untergewichtung in EUR-Investmentgrade-Unternehmensanleihen.

EUR-Hochzinsanleihen: untergewichtet

Auch High-Yield-Unternehmensanleihen verzeichneten im Juni eine Rally.

Unter den notleidenden Emittenten auf dem europäischen Hochzinsmarkt sind die meisten mit idiosynkratischen Problemen konfrontiert. Es wird erwartet, dass die Ausfälle insgesamt vorerst niedrig bleiben werden. Außerdem halten wir das Verschuldungsniveau für nicht übertrieben.

Wir halten an unserer Untergewichtung in europäischen HY-Anleihen fest. Die Einzeltitelauswahl und damit ein aktives Management sind weiterhin von entscheidender Bedeutung.

Schwellenländeranleihen in Lokalwährung: übergewichtet

Nach anfänglicher Volatilität im Mai profitierten Schwellenländeranleihen in hohem Maße von der wohlwollenden Haltung der Zentralbanken der Industrieländer. Dies macht nicht nur ihre Renditen attraktiver, sondern ermöglicht auch den Zentralbanken der Schwellenländer, ihren Volkswirtschaften durch eine ebenfalls gemäßigtere Geldpolitik Luft zu verschaffen..

Zwar haben sich die Spreads in Lokalwährungen verengt. Sie bleiben aber weiterhin attraktiv.

Zudem haben sich die Schwellenländerwährungen angesichts des nachlassenden Handelsstreits zwischen den USA und China ein wenig erholt. Die Entwicklung des US-Dollars sollte man genau im Auge behalten. Dieser schwächt sich nach einem „False Break Down“ erneut etwas ab.

Dies bekräftigt unsere Überzeugung einer Übergewichtung.

Aktien: leicht untergewichtet

Das Wirtschaftswachstum ist weiterhin von einer negativen Dynamik geprägt, die aber weitgehend dem Industriesektor geschuldet ist. In der Regel belastet Ungewissheit das Geschäftsklima und Investitionen werden aufgeschoben.

Die Konsensschätzungen für das Wachstum der Gewinne pro Aktie wurden in allen Regionen erneut leicht nach unten korrigiert. In Europa erscheinen die Erwartungen noch immer unrealistisch (+2,3% für 2019 und +9,7% für 2020). Wir gehen davon aus, dass der Gewinn pro Aktie für 2019 etwa bei null liegen dürfte. Allerdings rechnen wir nicht mit rückläufigen Gewinnen, da sich die Wirtschaft – von der Industrie abgesehen – ansonsten recht gut hält.

Wir nehmen an, dass Volatilität in den kommenden Monaten weiterhin eine bedeutende Rolle an den Aktienmärkten spielen wird, bedingt durch Wachstumsprobleme (vor allem in China), ein mögliches Wiederaufleben des Handelsstreits, Spannungen im Nahen Osten und in Europa durch den Brexit sowie den Risikofaktor Italien. All das spricht dafür, diversifizierende Komponenten im Portfolio nicht außer Acht zu lassen.

Insgesamt halten wir bei Aktien an einer leicht untergewichteten bis neutralen Positionierung fest. Obwohl sich die Märkte in einem Spannungsfeld zwischen zyklischem Abschwung und lockerer Geldpolitik der Zentralbanken befinden, halten wir eine zu negative Einstellung für unangebracht. Die Zentralbanken sind bereit, Wachstum und Bewertungen durch weitere Anreize zu unterstützen, so dass geringere Gewinne durch höhere Kennzahlen ausgeglichen werden sollten. Gleichzeitig wird auch China Anreize über geld- und haushaltspolitische Maßnahmen schaffen. Daher sind wir der Auffassung, dass die derzeitige Schwäche des Wachstums und der Gewinne lediglich eine Delle in einem langfristigen Aufwärtstrend bilden.

  • Europäische Aktien: Die Bewertungen zeigen sich weiterhin attraktiv, während die allgemeinen Gewinnerwartungen aus unserer Sicht zu optimistisch sind. Politische Probleme (Brexit, Italien) belasten nach wie vor die Stimmung. Wir erkennen daher keinen Impuls, der diese Bewertungslücke schließen könnte. Aus der Bottom-up-Perspektive kennzeichnet sich der europäische Aktienmarkt weniger durch Qualität als vielmehr eine starke Abhängigkeit von Finanzwerten und durch Disruption beeinträchtigte Branchen. Wir sind jedoch weiterhin fest vom Potenzial des aktiven Managements überzeugt, mit dem sich in Europa eine Outperformance erzielen lässt, und bleiben daher bei einer neutralen Positionierung.

  • US-Aktien: Die Bewertungen sind im Vergleich zu Anleihen und europäischen Aktien weniger attraktiv, während das Gewinnwachstum mit dem in Europa vergleichbar ist. Allerdings unterstützen Aktienrückkäufe weiterhin das Wachstum der Gewinne pro Aktie. Im US-Aktienmarkt haben vor allem disruptive Unternehmen ein hohes Gewicht. Hinzu kommt, dass man höherwertige Unternehmen findet und der Markt oft robuster ist. Wir bleiben übergewichtet..

  • Japanische Aktien: Japan gehört mit einem hohen Anteil von Investitionsgüter- und Automobilunternehmen nach wie vor zu den konjunkturempfindlichsten Märkten. Wir gehen davon aus, dass die für Oktober geplante Umsatzsteuererhöhung kurzfristig eine bremsende Wirkung auf die Wirtschaft haben wird. Die Erwartungen für das Gewinnwachstum in 2019 sinken weiter und liegen derzeit bei -7%; massive Aktienrückkäufe könnten jedoch einen Ausgleich zu den negativen Schlagzeilen schaffen. Mittelfristig bleiben die Bewertungen attraktiv, und die Geldpolitik ist weiterhin extrem akkommodierend. Der Yen hat weiterhin die Funktion einer Fluchtwährung, mit möglicherweise negativem Einfluss auf die Entwicklung japanischer Aktien in Euro gerechnet. Wir halten an unserer Untergewichtung fest.

  • Aktien der Schwellenländer beurteilen wir neutral und sind überzeugt, dass es China gelingen kann, seine Wachstumsschwäche durch geld- und haushaltspolitische Maßnahmen in den Griff zu bekommen – auch im Falle einer weiteren Eskalation im Handelsstreit mit den USA. Mäßige Kapitalabflüsse haben zuletzt wieder Kapitalzuflüssen Platz gemacht. Die Bewertungen liegen unter ihrem langfristigen Durchschnitt, und die Risikoaufschläge sind die höchsten im Universum der Schwellenländeraktienmärkte. Ein sich stabilisierender oder etwas schwächerer Dollar hätte unterstützende Wirkung für die Emerging Markets.

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