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AKTIEN

AUSBLICK AKTIEN 2023

Von Johan Van Geeteruyen,
CIO Fundamental Equity bei DPAM

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EINLEITUNG

In unserem Aktienausblick möchten wir einen Einblick in eine Reihe von Elementen geben, die wichtig sind, um einschätzen zu können, was der Wendepunkte an den Märkten sein wird. Nach einem recht schwierigen Jahr 2022 für viele Anleger ist diese Frage berechtigt.

Ein entscheidender Faktor ist mit Sicherheit die Inflation. Obwohl die Gesamtinflation ihren Höhepunkt erreicht zu haben scheint, wird es wichtig sein, wie schnell sie zurückgeht und wie weit sie über der angestrebten 2%-Marke landet. Eine strukturell höhere Inflation hat Auswirkungen auf die Schuldentilgung, die Kapitalkosten und bringt einige Investitionshürden mit sich.

Bei Anlageentscheidungen ist auch die Bewertung ein wichtiger Faktor. Deutlich nachgegeben haben globale Aktien in diesem Jahr aufgrund von Änderungen in der Notenbankpolitik und wegen geopolitischer Risiken. Während die Märkte vor einem Monat noch als günstig galten, hat die jüngste Rallye die Bewertungen wieder auf das Vorkrisenniveau gedrückt. In den USA wird der Markt jetzt mit dem 17-fachen der Gewinne bewertet, das gleiche Niveau wie im Jahr 2019. Gleichzeitig ist die Inflation auf über 8 % gestiegen, die Zinssätze wurden viermal angehoben und das BIP-Wachstum ist eingebrochen. Bei dieser Bewertung wird davon ausgegangen, dass es keine Rezession oder zumindest eine sanfte Landung gibt. Es gibt jedoch Anzeichen von Schwäche, denn 30 % der Aktien im S&P 1.500 werden mit weniger als dem 10-fachen des Gewinns bewertet. Aufgrund des anhaltenden Krieges zwischen Russland und der Ukraine und der Energiekrise sind die Bewertungen in Europa extrem niedrig. Dies hat ausländische Anleger zur Suche nach sichereren Orten wie den USA veranlasst. Ist dies eine Kaufgelegenheit? Wahrscheinlich, aber nicht unbedingt.

Ein weiterer zu berücksichtigender Faktor ist die Liquidität. Nach einem Jahrzehnt im Überfluss und relativ ruhigen Märkten hat die harte Haltung der Zentralbanken zur Inflationskontrolle zu mehr Volatilität geführt. Und mehr Volatilität bedeutet in der Regel weniger Liquidität. Das Deep-to-Book-Verhältnis zeigt, dass fast keine Geschäfte zu den notierten Geld-/Briefkursen getätigt werden, was angesichts der extremen Volatilität durchaus sinnvoll ist. Eine aktuelle Analyse des IWF zeigt ebenfalls, dass sich die Kennzahlen zur Marktliquidität in den vergangenen Wochen in allen Anlageklassen verschlechtert haben. Für die Bewertungen stellt dies natürlich eine große Herausforderung dar.

Über die Performance haben wir bereits bei der Diskussion über die Bewertung gesprochen. Um die Ursachen für die Kursrückgänge besser zu verstehen, haben wir versucht, die Rendite seit Jahresbeginn aufzuschlüsseln, um mehr Einblick in die Art der Kursrückgänge zu erhalten. Das Ergebnis zeigt, dass der Kursrückgang ausschließlich auf die Kompression der Multiplikatoren zurückzuführen ist (d. h. ein Kursrückgang aufgrund steigender realer Renditen, die für die Diskontierung zukünftiger Cashflows verwendet werden) und nicht auf schwächerer Gewinne. Tatsächlich zeigt sich, dass das Gewinnwachstum in den USA mit über 5 % und in Europa mit über 20 % immer noch stark ist! Auch die Dividenden sind nach wie vor solide, da die Unternehmen einen hohen Cashflow generieren können. Solide Gewinne sind der heikle Teil der Geschichte.

Die Notenbanken sollen die Inflation bekämpfen und das wird sich auf die Ausgaben auswirken. Bei einem Rückgang der Ausgaben sinkt die Nachfrage und die Unternehmen werden einen Gewinnrückgang verzeichnen. Um hohe Gewinnspannen zu erhalten, werden sie auf Produktivitätssteigerungen oder Kostensenkungen (sprich: Entlassungen) setzen müssen. Die Analysten sind konservativer geworden, aber bislang nur geringfügig. In früheren Abschwüngen sind die erwarteten Gewinne viel stärker gesunken als heute. In USD wurde das konsensbasierte EPS-Wachstum nur um 5,6 % in den USA und 5,2 % in Europa reduziert. Das heißt, das Gewinnwachstum im nächsten Jahr liegt weiterhin im positiven Bereich. Die Veränderung des konsensbasierten Gewinns pro Aktie hat sich nur um 6,5 % für die USA und 2,1 % für Europa verringert. Nach unserem Dafürhalten sind die derzeitigen Erwartungen, einen Gewinnrückgang im nächsten Jahr zu vermeiden, zu optimistisch, da sich die Margen auf einem Allzeithoch befinden und die Einkaufsmanagerindizes im Kontraktionsmodus sind. Selbst wenn die Zinsen nicht mehr steigen, werden Aktien daher wahrscheinlich weiter unter Druck stehen.

In lokaler Währung ist der Gewinn pro Aktie in Europa im bisherigen Jahresverlauf um 8 % gestiegen, während er in den USA um 4 % gesunken ist. Es überrascht, dass das Gewinnwachstum für das nächste Jahr in Europa nur noch 0,7 % und in den USA 6 % beträgt. Die Differenz bei den nominalen Zahlen für Europa ist vor allem auf den Währungsfaktor zurückzuführen – der USD ist seit Beginn der Krise stark gestiegen – und auch auf die Inflation. Analysten sind an extrem hohe Inflationszahlen nicht gewöhnt und wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Heute geht der Markt nicht von einer harten Rezession aus. Das BIP-Wachstum wird im nächsten Jahr voraussichtlich gleich bleiben. Sollte das BIP aber um 1-2 % sinken, dann könnte das EPS-Wachstum um 10 % zurückgehen.

Wenn wir uns die Gewinnrevisionen auf der Ebene der einzelnen Investmentstile ansehen, sind wir überrascht, dass negative Gewinnrevisionen vor allem im „Growth“-Bereich und gleich zu Beginn der Krise aufgetreten sind, während sie bei „Quality“-Aktien erst in diesem Sommer einsetzten. Bislang sind der „Value“- und der „Low Risk“-Stil fast unverändert geblieben.

Die Kapitalströme bei Aktien sind ebenfalls ein guter Indikator dafür, ob die Anleger zuversichtlicher sind, sich wieder riskanten Anlagen zuzuwenden. Dies ist bisher nicht der Fall. Die Anleger haben immer noch Angst vor den Aktienmärkten und wenden sich weiterhin sichereren Anlagen oder sichereren Regionen wie den USA zu, wo das Wirtschaftswachstum weniger beeinträchtigt wird als in Europa. In den USA beobachten wir, dass die Menschen weiterhin von aktiven Fonds auf ETFs umsteigen, in Europa ist dies jedoch nicht der Fall.

Es gibt ein Sprichwort, das besagt, dass die Anleger erst Anzeichen für ein Aufgeben zeigen müssen, bevor sie anfangen können, mit ihren Portfolios mehr Risiken einzugehen. Es ist erwiesen, dass Kleinanleger immer zu spät zur Party kommen und dazu neigen, zu kaufen, wenn die Märkte ihren Höhepunkt erreicht haben, und zu verkaufen, wenn sie ihren Tiefpunkt erreicht haben. Heute sind institutionelle Anleger vorsichtig und investieren nicht in riskante Anlagen wie Aktien und Unternehmensanleihen. Aber laut dem jüngsten Bofa Global Investment Report sind Privatkunden immer noch zu mehr als 60 % in Aktien investiert.

Aus unserer Analyse können wir schließen, dass ein langfristiger Rückgang der Kerninflation das Wichtigste ist, worauf wir achten müssen. Auf die Erträge und die Liquidität ist kaum Verlass, die Stimmung der Anleger ist zwar sehr schwach, aber noch nicht extrem, und beim Aktienabschlag wird immer noch davon ausgegangen, dass es nicht allzu schlimm werden wird. Wir haben es hier mit einem One-Trade-Markt zu tun: Inflation ist der Schlüssel. Wahrscheinlich wird der Tiefpunkt der Inflation erreicht, wenn die Zinssätze zu stark ansteigen. Es ist sehr schwer vorherzusagen, wann genau das sein wird.

Was bedeutet das alles konkret? Sollten wir abwarten, bis sich das Blatt wendet und diese Anlageklasse in der Zwischenzeit außer Acht lassen? Nicht unbedingt. Tatsächlich bringt jede Krise auch Chancen mit sich, und die folgenden Segmente sind besonders hart getroffen worden:

Ein Möglichkeit ist China, das im nächsten Jahr ein Joker sein könnte. Chinas Wirtschaft ist immer noch ein wichtiger Teil des globalen Wachstums und während die Regierung an ihrer Nullzins-Politik festhält, gibt es Anzeichen für eine Entspannung der Lage (Fluggesellschaften, Wanderarbeiter usw.). Mit dem neuen 16-Punkte-Plan wird auch versucht, den Immobiliensektor zu restrukturieren und das Vertrauen wiederherzustellen. In der Zwischenzeit haben ausländische Investoren aufgegeben und der Markt ist mit einem KGV von nur 11 sehr günstig bewertet. Bei Investitionen in China müssen Sie sehr wählerisch sein und sich auf Unternehmen mit starken Fundamentaldaten konzentrieren. Es ist nach wie vor schwierig, aber es gibt Potenzial für eine Outperformance. Taiwan wird ein Problem bleiben, aber Xi Jinping und Biden versuchen, die Beziehungen zu verbessern.

Eine weitere Chance stellt Asien ohne China dar, das eine Fülle von Möglichkeiten bietet. Indien ist ein eigenständiges Powerhouse, das bis 2050 einen Anteil von 15 % am Welt-BIP erreichen dürfte, nahe an Chinas erwarteten 20 %. Die Region wird mit einem KGV von 13 gehandelt, verglichen mit dem 17-fachen für die USA, die ein geringeres Wachstum bieten. Für Vietnam, die Philippinen und Nigeria wird bis 2050 ein jährliches Wachstum von über 4 % erwartet. Die Region wird sich ihren Anteil am chinesischen Wachstum sichern und ihr kommt auch die Deglobalisierung zugute. Die 2 Milliarden Einwohner werden von der Kapitalverlagerung der Unternehmen profitieren. So verlagert beispielsweise Apple seine Produktion von China nach Indien, während Adidas bereits 40 % in Vietnam produziert. Die staatlichen Finanzen und die Politik der Zentralbank sind in der Region stabil und orthodox. Die Inflation wurde in einer Reihe von Ländern proaktiv gesteuert.

Auf Sektorenebene sehen wir Chancen im Immobilienbereich. Vor dem Hintergrund steigender Zinsen und eines sich verschlechternden wirtschaftlichen Umfelds waren börsennotierte Immobiliengesellschaften volatiler als üblich. Die Neubewertung von börsennotierten gegenüber physischen Immobilien ist dramatisch, da sich die Immobilienwerte nicht bewegt haben. Die direkte Neubewertung von Vermögenswerten hat erst im zweiten Halbjahr begonnen. Der durchschnittliche Abschlag zum Nettoinventarwert börsennotierter Immobiliengesellschaften liegt jetzt bei 50 %. Dies impliziert eine Neubewertung der zugrunde liegenden Vermögenswerte um 30 % und einen Anstieg der Immobilienrendite um 1,6 %. Wenn der Markt richtig liegt, bedeutet dies Stress in den Bilanzen.


Dieser muss durch Dividendenkürzungen, Zwangsverkäufe und den Verkauf von Bezugsrechtsemissionen gelöst werden. Unternehmen mit hohem Verschuldungsgrad verweigern sich noch, aber bei Castellum, TAG Immo, Unibail usw. hat es bereits begonnen. Allerdings haben wir in jüngster Zeit auch Transaktionen aus wachstumsfördernden Gründen erlebt, was positiv ist (WDP, Montea, …). Im Gegensatz zum breiter gefassten Markt glauben wir, dass wir den größten Teil des Rückgangs bei börsennotierten Immobilienunternehmen gesehen haben und uns der Kapitulation nähern. Neue Investoren werden dies vor einem Einstieg abwarten wollen.

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