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ARTIKEL

US-Märkte:
Dynamischer Auftakt in
das neue Jahrzehnt

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Von David Bui & Jonathan Graas,
Fund Managers bei DPAM

Das vergangene Jahr war für die US-Märkte zweifellos herausragend: An fast allen Fronten wurden ausgezeichnete Entwicklungen verzeichnet. Zu Beginn des Jahres 2020 hält die Dynamik vorerst an. Allerdings könnten sich am Horizont Schwierigkeiten abzeichnen:

Die US-Wahlen werden im weiteren Jahresverlauf wahrscheinlich eine der größten Quellen für Volatilität darstellen. Der letztendliche Ausgang wird die Gesamtperformance des Marktes erheblich beeinflussen. Wenn die Demokraten gewinnen wollen, müssen sie einen starken Kandidaten gegen Trump antreten lassen, der ihre Wählerbasis mobilisiert. Sollte ihnen dies nicht gelingen, würde der Amtsinhaber einmal mehr einen erheblichen Vorteil erlangen. Der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden liegt in den parteiinternen Umfragen momentan vorne. Sein Ziel ist es, das Beste aus seiner relativ gemäßigten politischen Ausrichtung und seiner früheren Erfahrung als Vizepräsident Obamas zu machen. Dennoch kommt man nicht umhin, sich zu fragen, ob moderate Standpunkte wohl ausreichen werden, um einen Gegner zu schlagen, der von Spaltung und Polarisierung lebt. Möglicherweise haben disruptive Kandidaten wie Elizabeth Warren oder Bernie Sanders bessere Aussichten darauf, mit Trump auf Augenhöhe zu konkurrieren. Der Erfolg ihrer Finanzierungskampagnen – die sich ausschließlich auf Spenden der Basis stützen – zeigt deutlich die Bereitschaft ihrer Unterstützer, alles in ihrer Macht Stehende zu tun. Dennoch könnten sich ihre starken Positionen in Bezug auf kontroverse Themen wie Gesundheitsversorgung und Studiengebühren für einige als zu radikal erweisen. Im Moment ist es schwierig, klare Vorhersagen über den wahrscheinlichen Gewinner des demokratischen Rennens zu treffen, aber es ist definitiv ein Thema, das in den kommenden Monaten genau verfolgt werden muss.

Der Gesundheitssektor ist wahrscheinlich einer der Wirtschaftszweige, die am stärksten direkt von der diesjährigen Wahl betroffen sein werden. Das Thema „Medicare-for-all“ ist in den Debatten der Demokraten zu einem heißen Thema geworden. Gemäßigte Parteimitglieder wie Joe Biden oder Peter Buttigieg befürworten Kostenverbesserungen und eine Vereinfachung des derzeitigen Systems, halten jedoch an einer Partnerschaft mit den privaten Versicherungsgesellschaften fest. Andere wollen von Grund auf neu anfangen und ein Medicare-for-all-System einführen. Dieses Thema führt nicht nur zu einer starken Spaltung der Demokraten, sondern hat auch erhebliche Konsequenzen für die Zukunft US-amerikanischer Versicherungsgesellschaften und Gesundheitsdienstleister wie Anthem oder UnitedHealth Group. Daher erwarten wir im Vorfeld der Ernennung des demokratischen Kandidaten im Frühsommer sowie der Präsidentschaftswahlen im November erhebliche Turbulenzen bei Gesundheitswerten. Es scheint jedoch, dass eine der eher linksgerichteten Kandidatinnen – Senatorin Warren – ihre Rhetorik bereits abgemildert hat. Sollte sie gewählt werden, würde sie erst im dritten Jahr ihrer Amtszeit als Präsidentin eine umfassende Gesundheitsreform in Angriff nehmen.

2019 war für die meisten US-Sektoren zwar ein hervorragendes Jahr, im Industriesektor haben wir jedoch eine gewisse Abschwächung gesehen. Insbesondere die Halbleiterindustrie und der Automobilsektor scheinen einigen Belastungen ausgesetzt zu sein. Wir sind recht zuversichtlich, dass sich ersterer Sektor im Jahr 2020 dank solider Fundamentaldaten erholen wird. Hinsichtlich der Autoindustrie sind wir jedoch weiterhin eher pessimistisch, da wir keine deutlichen Anzeichen auf eine Erholung erkennen (ganz im Gegenteil). Es handelt sich hierbei um eine zyklische Branche, d. h. wenn das Gesamtwachstum in diesem Jahr ins Stocken gerät, könnte dies für den angeschlagenen Sektor eine Katastrophe bedeuten. Darüber hinaus stehen die meisten großen Automobilhersteller derzeit vor einem kostspieligen und entwicklungsintensiven Übergang zu Elektrofahrzeugen. Auch wenn die Abkehr von kohlenstoffbasierten Kraftstoffen nahezu unvermeidlich geworden ist, sind Elektrofahrzeuge definitiv weit davon entfernt, sich zu einer bedeutenden Einnahmequelle für die Branche zu entwickeln. China hatte versucht, mit seiner Förderung von Elektrofahrzeugen eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Nachdem die Regierung im Juli aber einen Teil ihrer anfänglichen Subventionen gekürzt hatte, ließ das Interesse leider schnell wieder nach. Auch wenn die langfristigen Aussichten vielversprechend sind, werden die derzeitige Infrastruktur und die Preise von E-Autos erhebliche Verbesserungen erfordern, wenn die Hersteller diese Fahrzeuge erfolgreich als etwas anderes als stark subventionierte ökologische Neuheiten vermarkten wollen. Nichtsdestotrotz könnten sich einige unerwartete Chancen ergeben, da Anleger in Bezug auf diesen Sektor äußerst pessimistisch sind. Der übermäßig negative Ausblick könnte die geringe Marktdurchdringung und die daraus resultierenden Wachstumschancen in Ländern wie etwa Indien außer Acht lassen. Daher bleiben wir sehr zurückhaltend, würden aber empfehlen, nach potenziell unterbewerteten Aktien Ausschau zu halten.

Die anfänglichen Meldungen über die Entwicklungen im Handelskrieg zwischen den USA und China schienen positiv zu sein. Beide Seiten haben am 15. Januar ein „Phase-1-Abkommen“ unterzeichnet. Anleger sind sich jedoch sehr wohl der Tatsache bewusst, dass dies allenfalls eine Formalität ist. Das Mini-Abkommen ist ein guter erster Schritt, geht jedoch nicht unmittelbar auf die Kernfragen ein, die im Mittelpunkt des Handelskrieges stehen. Stattdessen schafft es ein Fundament für künftige Handelsabkommen. Es wird ebenfalls interessant sein, zu sehen, mit welcher Einstellung Trump an diese zukünftigen Verhandlungen herangeht. Einerseits wird er relativ entgegenkommend sein müssen: Wahrscheinlich wird er die Ergebnisse künftiger Verhandlungen nutzen wollen, um Unterstützung für seine Präsidentschaftskampagne zu gewinnen. Daher wird er einige greifbare Ergebnisse vorlegen müssen, um seine pompösen Tweets zu untermauern. Andererseits will Trump nicht zu leicht nachgeben und riskieren, vor China oder den amerikanischen Wählern sein Gesicht zu verlieren. Dazu wird er seine knallharte Haltung sehr vorsichtig mit einem Maß an Kooperationsbereitschaft verknüpfen müssen.

Leider lässt sich eine solche Kooperationsbereitschaft in Trumps Einstellung zur EU überhaupt nicht erkennen. Der US-Präsident ergriff schnell Vergeltungsmaßnahmen, als Frankreich die fast ausschließlich auf amerikanische Technologieriesen abzielende GAFA-Steuer verabschiedete. Die USA reagierten mit der Androhung von hohen Zöllen auf französische Luxusgüter wie Champagner, Käse und Handtaschen. Die EU verteidigte ihren Mitgliedsstaat, verurteilte die amerikanische Haltung und erklärte sich bereit, in gleicher Weise zu reagieren, sollten die USA ihre Zölle tatsächlich einführen. Glücklicherweise scheint eine weitere Eskalation vermieden worden zu sein, nachdem sich der französische und der amerikanische Staatschef in Davos getroffen hatten. Sie einigten sich auf einen Waffenstillstand im Streit über die Digitalsteuer sowie auf eine Verlängerung der Handelsgespräche.

Wie bereits erwähnt, erwarten wir nach wie vor, dass sich die US-Märkte in diesem Jahr ordentlich entwickeln werden. Allerdings werden Anleger wahrscheinlich ein wenig selektiver vorgehen müssen, da wir mit ungelösten Ungewissheiten bezüglich des Handelskriegs, geopolitischen Spannungen und einer bevorstehenden Präsidentschaftswahl in das neue Jahr starten. Dementsprechend werden die Fundamentaldaten der Unternehmen in diesem Jahr eine größere Rolle spielen, wenn es darum geht, Anleger vor einem plötzlichen Anstieg der Volatilität zu schützen. Wir empfehlen deshalb eine branchenübergreifende Diversifizierung, um das systematische Risiko zu minimieren.

Anleger sollten außerdem die Einstellung eines Unternehmens in Bezug auf ESG berücksichtigen. Die laufende Entwicklung hin zu einer nachhaltigeren Zukunft wird zweifellos eine erhebliche Belastung für Unternehmen darstellen, die sich nicht entsprechend anpassen. Daher plädieren wir nachdrücklich für aufgeschlossene Unternehmen, die bereit sind, diejenigen Chancen zu nutzen, die dieser Übergang mit sich bringt. Während ESG an den europäischen Märkten schon seit geraumer Zeit ein gängiger Begriff ist, hat die Auseinandersetzung mit dem Thema in den USA etwas länger auf sich warten lassen. Allerdings haben wir in jüngster Zeit festgestellt, dass amerikanische Unternehmen zunehmend in Nachhaltigkeit investieren.

Ein weiterer Faktor, den es im Zuge der bevorstehenden Unsicherheiten zu berücksichtigen gilt, ist die Dividenden(steigerungs)politik der Unternehmen. Wir betrachten dies als klares Zeichen für die allgemeine Verfassung, den Wert und die Qualität eines Unternehmens. Natürlich muss beachtet werden, dass die Dividendenpolitik von Unternehmen zu Unternehmen und von Sektor zu Sektor unterschiedlich ausfallen kann. Beispielsweise sind reifere Industrien, wie etwa die Getränke- oder Haushaltswarenbranche, in der Regel eher geneigt, Gewinne an ihre Aktionäre auszuschütten, anstatt in Projekte zu investieren, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie die Kapitalkosten übertreffen werden. In wachsenden Branchen wie Biotechnologie und IT hingegen könnte es vorteilhafter sein, einen Teil des Cashflows für Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten zu verwenden. Ungeachtet des einzelnen Unternehmens oder Sektors ist es immer wichtig zu prüfen, ob der Cashflow angemessen eingesetzt wird – sei es als Investition in das Wachstum oder als Dividendenausschüttung.

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