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Der grüne Deal der EU

Von Ophélie Mortier,
Responsible Investment Strategist

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Im Jahr 2020 ist mit einer deutlichen Zunahme der legislativen Maßnahmen mit dem Ziel der Beschleunigung des Übergangs hin zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zu rechnen. Der „Europäische Green Deal“ ist ein Paradebeispiel für diese legislativen Bemühungen. Mit dieser Maßnahme wird die Haltung der EU-Kommission in Bezug auf nachhaltige Finanzen und Klimaverpflichtungen unter der neuen Präsidentin Ursula von der Leyen mindestens genauso ehrgeizig sein wie unter ihrem Vorgänger. Derzeit sind die Initiativen noch recht breit formuliert und bedürfen einer gewissen Feinabstimmung. Dennoch können wir bereits jetzt die Grundzüge dieser Politik erkennen, die darauf abzielt, bis 2050 Kohlenstoffneutralität innerhalb der EU zu erreichen.

Erstens wird der Green Deal im Jahr 2021 einen effektiven Mechanismus für die CO2-Preisfestsetzung und den CO2-Grenzausgleich einführen. In der Vergangenheit haben die EU-Regulierungsbehörden der Reduzierung von CO2-Emissionen in der Stromerzeugung, im Transportwesen und in der Industrie eine hohe Priorität eingeräumt. Diejenigen Emissionen, die mit der Herstellung und dem Transport von Produkten aus dem Ausland verbunden sind, wurden jedoch weitgehend ignoriert. Dennoch zeigt der anhaltende Anstieg der Kohlenstoffemissionen eindeutig die Notwendigkeit eines wirksamen Preisbildungssystems für CO2 auf. Die Kohlenstoff-Preisregelung würde Zahlungen für einen Ausgleich sowohl der inländischen Emissionen als auch der durch importierte Produkte verursachten Umweltverschmutzung erzwingen.

Die Entwicklung von CO2- und Treibhausgasemissionen seit 1990

Quelle: Digitale OECD-Plattform „Environment at a Glance“

Summe der CO2-Emissionen im Vergleich zum gesamten Kohlenstoff-Fußabdruck der OECD-Mitgliedstaaten (inkl. importierter Emissionen)

Quelle: Digitale OECD-Plattform „Environment at a Glance“

Im nächsten Schritt wird die Kommission im März das erste europäische Klimagesetz vorschlagen, um Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen.

Darüber hinaus wird sie aggressivere Ziele für die Entkarbonisierung bis 2030 festlegen. Frühere Ziele hatten eine 40 prozentige Verringerung der CO2-Emissionen gegenüber den Werten von 1990 vorgesehen. Der Green Deal wird diese Ziele anheben und eine Verringerung um mindestens 50 bis 55 Prozent verlangen. Um diese Ziele zu aktualisieren, steht im Juni 2021 eine Überarbeitung der klimabezogenen Richtlinien der EU an. Die Kommission erwägt außerdem eine Option zur Ausweitung der derzeitigen europäischen Handelssysteme (ETS) auf neue Sektoren. So wird u.a. eine Einbeziehung des Straßen- und Seetransportsektors sowie des Bau- und Agrarsektors in Erwägung gezogen. Gegenwärtig deckt das ETS die Sektoren Strom- und Wärmeerzeugung, Ölraffinerien, Stahlwerke sowie die Produktion von Eisen, Aluminium, Metallen, Zement, Kalk, Glas, Keramik, Zellstoff, Papier, Karton, Säuren und organischen Massenchemikalien sowie die kommerzielle Luftfahrt ab.

Die Vereinbarung zielt ferner darauf, über verschiedene Projekte wie z. B. Dekarbonisierungstechnologien, Transport sowie die Konzentration auf Gebäude und deren Renovierungsrate eine Kreislaufwirtschaft zu fördern. Darüber beinhaltet der ‚Europäische Green Deal‘ eine so genannte ‚Farm to Fork‘-Strategie, um einen globalen Nachhaltigkeitsstandard für den Agrar- und Lebensmittelsektor zu schaffen.

Obwohl dem ehrgeizigen Plan der Europäischen Kommission immer noch gewisse konkrete Details fehlen, wird erwartet, dass er in den nächsten fünf Jahren erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft haben wird. Der Green Deal fokussiert zudem zwei wichtige, miteinander verbundene Konzepte, die in naher Zukunft zunehmend an Bedeutung gewinnen werden: Carbon Leakage und CO2-Grenzausgleich.

Die Weltbank erkennt heute weltweit 51 verschiedene CO2-Preisbildungssysteme an. Leider zeigt das Scheitern der Bemühungen beim letzten Weltklimagipfel (COP), sich auf einheitliche CO2-Preismechanismen zu einigen, nur allzu deutlich, dass eine einheitliche CO2-Preisgestaltung ein utopisches Konzept ist. Folglich könnten bestimmte Länder/Regionen strengere Kohlenstoff-Preissysteme anwenden als andere. Dieser Unterschied birgt die Gefahr einer absichtlichen Verlagerung von CO2 Emissionen (Leakage). Als Reaktion darauf haben 3.500 Ökonomen, darunter Nobelpreisträger und ehemalige Vorsitzende der US-Notenbank, kürzlich eine Erklärung veröffentlicht. Im Kern fordert der Vorschlag eine inländische Kohlenstoffsteuer, die sich in einer Öko-Grenzsteuer widerspiegelt, um einen Verlust an Wettbewerbsfähigkeit zu vermeiden. Die inländische CO2-Steuer wird versuchen, Anreize für die Finanzierung kohlenstoffarmer Technologien zu schaffen, während die Öko-Grenzsteuer darauf abzielt, das Regulierungssystem für im Inland hergestellte Waren dem für importierte Produkte gleichzustellen.

Diese Öko-Grenzsteuer wäre in erster Linie eine vorübergehende Maßnahme, die wieder eingestellt würde, sobald kohlenstoffarme Technologien (fast) vollständig eingeführt sind. Erneuerbare Energien haben in der Vergangenheit einen ähnlichen Weg beschritten: Nachdem sie über mehrere Jahre hinweg auf Subventionen angewiesen waren, gelang es schließlich, ihr eigenes Wachstum aufrechtzuerhalten, ohne hierfür eine finanzielle Stütze zu benötigen.
In den letzten Monaten haben die sozialen Unruhen in Frankreich gezeigt, wie Umweltsteuern gesellschaftspolitische Unzufriedenheit auslösen können. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Sanktionswirkung von Ökosteuern zu neutralisieren. Dies ist auch die Meinung der Ökonomen, die die Regierungen auffordern, das durch Umweltsteuern eingenommene Geld an die Bürger zurückzuführen. So hatte die kanadische Provinz ‚British Columbia‘ beispielsweise eine erhöhte Kohlenstoffsteuer eingeführt, durch die die Benzin- und Energiekosten in die Höhe getrieben wurden. Die Einnahmen aus dieser Steuer wurden jedoch in Form verschiedener Steuersenkungen weitgehend an die lokale Bevölkerung zurückgegeben.

Analysten und Portfoliomanager werden den Green Deal und seine Auswirkungen genau beobachten müssen, um ihre Bewertungen der betreffenden Betriebe und Unternehmen entsprechend zu aktualisieren. Mit Hilfe der TCFD-Empfehlungen der EU, die DPAM seit 2018 unterstützt, werden unsere Investmentteams diese aktiv und researchorientiert integrieren, um nachhaltige Erträge zu gewährleisten.

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