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US-Wahlen: Nachhaltigkeit und die Auswirkungen auf den Aktienmarkt

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Von David Bui und Jonathan Graas,
Fondsmanager US-Aktien

Nach zwei zügellosen Präsidentschaftsdebatten und einem chaotischen Rennen inmitten der globalen Pandemie entscheidet sich kommenden Dienstag, wie die US-Präsidentschaftswahlen 2020 ausgehen werden. Sowohl Joe Biden als auch Donald Trump haben offen ihre sehr unterschiedlichen Ansichten über die möglichen Lösungen für die zahlreichen Herausforderungen zum Ausdruck gebracht, mit möglicherweise sehr gegensätzlichen Auswirkungen auf die USA und ihr künftiges Wachstum. Werfen wir einen genaueren Blick auf die Hauptpolitik der beiden Präsidentschaftskandidaten, ihre Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit der USA, das Wirtschaftswachstum und die Aktienmärkte.

NACHHALTIGKEIT IN DEN USA: KEIN KONSEQUENTER ANSATZ

Nachhaltigkeit scheint Europa in den letzten Jahren im Sturm erobert zu haben. Auf der anderen Seite des Atlantiks sieht die Lage etwas anders aus. Zunächst müssen wir die kulturellen Unterschiede zwischen beiden Regionen berücksichtigen, die sich direkt auf die Entwicklung dieses Trends auswirken. Die USA als ein strukturell liberales und dereguliertes Land kommen mit einer stark regulierten Umsetzung der Nachhaltigkeit über Sektoren und Investitionen hinweg weniger gut zurecht.

In Bezug auf nachhaltige Investitionen scheint die US-Regierung einen vorsichtigeren Ansatz verfolgt zu haben als Europa. Unter Trumps Präsidentschaft haben wir einen generellen Vorstoß gegen nachhaltige Investitionen erlebt, da der amerikanische Präsident den Klimawandel stets verleugnet hat, was er mit dem Ausstieg seines Landes aus dem Pariser Klimaabkommen bewiesen hat. Das US-Arbeitsministerium hat ferner versucht, die Einbeziehung von ESG in Pensionsfonds einzuschränken. Es betont die finanziellen Interessen als erste Priorität und will den Einfluss von Fremdfaktoren, die der Rentabilität schaden könnten, reduzieren. Ein fragwürdiges Argument, da ESG-Fonds im Allgemeinen nachweislich besser abschneiden als ihre Konkurrenten (insbesondere während der COVID-Krise). Die kritische Herangehensweise des Arbeitsministeriums könnte sich am Ende als Fehler erweisen, da mehr als 60% der Amerikaner derzeit der Meinung sind, dass Unternehmen Nachhaltigkeitskriterien einbeziehen sollten.

Was die fiskalische Seite betrifft, so sollte die Körperschaftssteuersenkung von Trump die Wirtschaft fördern und damit der Beschäftigung und den Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer zugute kommen. Auf kurze Sicht hätte dies ein positiver und starker, nachhaltiger Schritt sein können, der die Arbeitsbedingungen verbessert und die Corporate Governance fördert. Leider sind die Effekte aus der Steuererleichterung nicht nach unten durchgesickert. Die Deregulierung, die Trump durchgeführt hat, hat einigen Branchen zwar kurzfristig geholfen, sie ist aber auch irgendwie kurzsichtig und daher längerfristig wenig effektiv. Nach der Steuersenkung muss die Regierung nun andere Einkommensströme finden, die den Unternehmen zugute kommen. Dies beweist, dass die politische Agenda, wie sie einst präsentiert wurde, wenig ausgewogen ist.

    • Vom Handelskrieg Trumps gegen China sollte die amerikanische Wirtschaft auch profitieren, da der Präsident die Wettbewerbsbedingungen angleichen wollte. Auch dies war letztlich kostspieliger als ursprünglich angenommen (rund 0,5% des amerikanischen BIP). Vor allem die Landwirte litten unter den Vergeltungszöllen Chinas auf US-Agrarprodukte. Am Ende blieben die USA mit einem noch größeren Gesamthandelsdefizit zurück.

    • Trump hat seine reaktionären Überzeugungen durch die Ernennung von drei konservativen Richtern am Obersten Gerichtshof gefestigt. Erst kürzlich gelang es Trump erfolgreich, Amy Coney Barrett als Nachfolgerin von Ruth Bader Ginsburg zu ernennen. Trump führte auch den Vorsitz bei der Ernennung von 200 Richtern und setzte sich damit für eine starke, konservative Präsenz im amerikanischen Justizsystem in den kommenden Jahren ein.

 

Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass ESG und Nachhaltigkeit nie Schlüsselkomponenten der Trump-Kampagne waren. Stattdessen konzentriert sich seine Agenda hauptsächlich auf das Wachstum der US-Wirtschaft und die Schaffung von Arbeitsplätzen; zwei Begriffe, die seiner Meinung nach mit dem Konzept der Nachhaltigkeit völlig unvereinbar sind. Im Gegensatz dazu hatte Obamas Präsidentschaft einen viel stärkeren Akzent auf Nachhaltigkeit gelegt und der Reduzierung der Kohlenstoffemissionen hohe Priorität eingeräumt. Biden plant, einen ähnlichen Ansatz zu verfolgen.

Biden hat einen klaren Wahlplan. Dieser will seine Haltung zum ‚Green Deal‘ der EU einbringen und die Herangehensweise der USA an Nachhaltigkeit und Umwelt revolutionieren. Die allgemeine Idee ist klar: Er will eine moderne, nachhaltige Infrastruktur und eine gerechte, saubere Energiezukunft schaffen. Bis 2050 will er die Abhängigkeit Amerikas von fossilen Brennstoffen schließlich ganz auslaufen lassen. So hatte Biden bereits früh erklärt, dass er die 500.000 amerikanischen Schulbusse ersetzen bzw. neu ausrüsten will, um sie kohlenstofffrei zu machen. Die Feinheiten seines großen Plans sind jedoch noch relativ vage. Biden hat wenig Zeit damit verbracht, die praktischen Modalitäten oder die tatsächliche Durchführbarkeit des Projekts zu erläutern. Und diese praktischen Aspekte haben ihren Preis. Die Kampagne schätzt, dass ein erfolgreicher nachhaltiger Übergang etwa 2 Billionen USD kosten würde, das sind etwa 12% des US-Haushalts in den nächsten vier Jahren.

 

US-AKTIEN: DAS WAHLERGEBNIS UND DIE MACHT DES KONGRESSES

Es liegt auf der Hand, dass sich die jeweiligen Ansätze von Biden und Trump in Bezug auf Nachhaltigkeit und die Wirtschaft als Ganzes erheblich unterscheiden. Die Präsidentschaftswahlen zeigen jedoch nur einen Teil des Bildes. Auch der Kongress spielt eine wichtige Rolle.

Wenn Biden der nächste Präsident wird und der Kongress eine demokratische Mehrheit hat, werden wir wahrscheinlich als erstes einen Ausverkauf erleben. Kurzfristig könnten die Märkte aufgrund möglicher Körperschaftssteuererhöhungen einen Sturzflug machen. Bestimmte Sektoren, wie die Pharma- oder die Big-Tech-Branche, könnten ebenfalls mit zusätzlicher Regulierung konfrontiert werden. Bidens Ansatz könnte sich im Laufe der Zeit als erfolgreicher erweisen. Sein nachhaltiger Übergang würde den erneuerbaren Sektoren Auftrieb geben und hoffentlich neue Märkte und Arbeitsplätze schaffen. Wenn jedoch die Mehrheit im Kongress nicht mit dem Präsidenten übereinstimmt, wird die Situation sowohl kurz- als auch langfristig sehr viel düsterer. Ohne die Unterstützung des Kongresses wäre Biden erheblich eingeschränkt und nicht in der Lage, einschneidende Veränderungen herbeizuführen.

Trumps Handlungen wären ebenfalls begrenzt, falls er wiedergewählt wird, aber er hat es mit einer demokratischen Mehrheit im Kongress zu tun. Dennoch würden die Märkte dank der geringeren Unsicherheit wahrscheinlich kurzfristig positiv reagieren. Trumps Tendenz zur Deregulierung der Märkte wird die Banken und die Energiewirtschaft ermutigen. Aber einige Aktien, die gegenüber China und großen Exporteuren exponiert sind, könnten leiden, da es sehr wahrscheinlich ist, dass Trump seinen Handelskrieg fortsetzt. Kurzfristig werden die Auswirkungen weniger spürbar sein, da sich die Märkte an dieses Szenario gewöhnt haben. Wenn Trump gewinnt und der Kongress eine republikanische Mehrheit hat, wäre das für die Märkte dank der Deregulierung zunächst zwar sehr positiv, jedoch nicht langfristig. Unternehmen können jedoch weiterhin nachhaltige Ziele verfolgen, wenn es für sie sinnvoll ist und die Argumente dafür noch vorhanden sind, wie zum Beispiel im Energiesektor: Der größte US-Versorger ist derjenige mit dem größten Anteil an erneuerbaren Energien, was nicht nur zu einer höheren Rentabilität führt, sondern auch einen bequemen Weg in Richtung Nachhaltigkeit ebnet.

Schließlich könnten am Ende auch die Ergebnisse der Wahlen angefochten werden. Dies wäre das denkbar schlechteste Ergebnis, da sich die Unsicherheit und der Konflikt in Form eines großen Ausverkaufs erheblich negativ auf die Märkte auswirken könnten.

Wegen dieser sehr unterschiedlichen Ergebnisse und ihrer potenziellen finanziellen Auswirkungen waren die Investoren in letzter Zeit ziemlich besorgt. Obwohl wir die kurzfristige Bedeutung der US-Wahlen nicht außer Acht lassen wollen, verursachen sie in der Regel nur vergleichsweise kurze Störungen an den Märkten und sind auf lange Sicht von geringer Bedeutung. Um die Auswirkungen dieser Störungen in Grenzen zu halten, bevorzugen wir als langfristige Anleger ein diversifiziertes Portfolio, das sich auf qualitativ hochwertige Unternehmen konzentriert. Wir mögen dabei besonders dividendenstarke Unternehmen. Firmen mit einer soliden Politik des Dividendenwachstums sollten in der Lage sein, selbst in turbulenten Märkten stetige Erträge zu erzielen. Durch Dividenden können Unternehmen ihre Gesundheit, ihren Wert und ihre Qualität signalisieren. Unabhängig vom Unternehmen oder dessen Sektorzugehörigkeit sollte man immer beurteilen, ob der Cash-Flow richtig investiert ist, sei es als Investition in das Wachstum des Unternehmens oder als Dividendenausschüttung.

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