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CIO’S VIEW

Erfolgreich Segeln in Niedrigzinsgewässern – mit Diversifikation und Selektion

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Von Peter De Coensel, CIO Fixed Income bei DPAM

Es ist an der Zeit, einige hartnäckige Aussagen über den angeblich nicht-investierbaren Zustand der Rentenmärkte zu entkräften. Es vergeht kein Tag, ohne dass wir lesen, die Zentralbanken hätten Anleihen von 15 Billionen Euro und mehr in den Bereich negativer Renditen gedrängt. Oder dass Anleger das Zinstitel-Universum vermeiden sollten, weil sie sich damit an negative Renditen binden. Solche Aussagen sind nicht nur irreführend, da Anleihen im Rahmen eines global diversifizierten Portfolios immer noch eine angemessene Rendite bieten. Sie hindern Anleger auch daran, ein richtiges Anleihen-Exposure aufzubauen. Zunächst richten wir den Blick zurück, um eine objektive Antwort auf die Frage zu geben: „Warum sollten Anleger jetzt Anleihen kaufen?“. Fakt ist: Die Merkmale ‚Kapitalerhaltung‘ und ‚Wachstum‘ sind bei Anleihen immer noch gegeben, trotz einer wachsenden Menge an Emissionen mit negativer Rendite.

Anleiherenditen werden von Missverhältnissen getragen

In der folgenden Tabelle und Grafik zeigen wir die realisierten Nettorenditen einiger unserer Rentenlösungen seit Jahresbeginn sowie über 3 und 5 Jahre.

Source: DPAM, August 2019

Zwei Aspekte fallen auf. Erstens haben sich in den letzten 5 Jahren Euro-Staatsanleihen besser entwickelt als Euro-Investment-Grade-Anleihen. Zweitens hat es sich reichlich ausgezahlt, global zu investieren – wie auch in die richtigen Papiere des High-Yield-Sektors. Wir entkräften auch die vielfach vorherrschende Meinung, dass allein die Notenbanken für die Hausse am Anleihenmarkt verantwortlich sind. Die tiefere Ursache für den ungebremsten Rückgang der langfristigen Zinsen ist vielmehr das strukturelle Missverhältnis zwischen Investitionen und Sparen bei öffentlichen und privaten Marktteilnehmern. Der 2008/2009 begonnene Abbau von Bilanzsummen zieht sich durch immer mehr Staaten und Unternehmen, wobei vor allem die Banken zu nennen sind.

Dies hat die erwarteten Anleiherenditen stark zurückgehen lassen. Wir sehen jedoch nicht viele Faktoren für eine Umkehr dieser Dynamik. Wenn sich die erwarteten Renditen bei steigenden Zinsen am langen Ende bestätigen würden, kämen rasch neue Käufer, die den ersten Auftrieb bei Anleihen verpasst haben. Welche Voraussetzungen könnten aber zu höheren langfristigen Zinsen führen? Die Antwort ist: Eine Kombination aus höheren Investitionsausgaben der öffentlichen Hand, ein Absenken der Realzinsen durch die Notenbanken der Industrieländer und eine bessere Vergütung des Faktors Arbeit. Dazu ist erkennbares und zuverlässiges globales Wachstum die Voraussetzung. Beides ist allerdings aktuell nicht klar zu erkennen.

Verantwortungsvolle Zentralbanken versus konkurrierende (verantwortungslose) Regierungen

Ohne Frage erleben wir in wichtigen entwickelten Volkswirtschaften einen aufstrebenden Protektionismus. In einer wachsenden Zahl der G20-Länder versprechen sich Staatslenker höhere Erfolgsaussichten, indem sie abgehängten oder benachteiligten Wählergruppen bessere Zeiten versprechen. Ihr Bestreben, Ungleichheiten zu verringern, könnte jedoch zu noch größerer Ungleichheit führen. Denn ein geringeres Wachstum wird zuerst die unteren Schichten treffen, bevor es sich beim oberen Zehntel der Einkommensverteilung bemerkbar macht. Wir haben also keine andere Wahl, als uns auf eine verantwortungsvolle Politik der Zentralbanken zu verlassen. Diese werden in den Industrieländern die realen Leitzinsen – bis in den negativen Bereich – weiter senken, um Impulse für Investitionen zu geben und der Liquiditätsfalle entgegenzuwirken.

Wir erwarten zudem von der EZB eine Neuauflage des lockeren Geldes als „QE 2“, um die Wettbewerbsposition der EU gegenüber ihren ausländischen Handelspartnern zu verbessern. Mit einer Geldmengensteigerung um 25 % hat QE 1 zu einer Abwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar um rund 25 % geführt. Allerdings wird QE 2 solch eine Wirkung nicht entfachen können. Wir gehen immer noch davon aus, dass das Währungspaar EUR/USD die Marke 1,07 (-5 % gegenüber den August-Höchstständen) und eventuell sogar den früheren Tiefststand von 1,0340 erneut testen wird. Alles wird von der erwarteten Steigerung der monetären Basis in der EWU infolge erneuter Aufkäufe von Staats- und Unternehmensanleihen abhängen. Die indirekten Folgen für die Geldmenge M3 sind die wichtigste Determinante, um die Auswirkungen auf den Wert des Euro zu messen. Ein Anleihekaufprogramm, das die Geldbasis über einen Zeitraum von 12 Monaten um 40 bis 50 Mrd. Euro pro Monat erhöht, sollte zu einer Ausweitung der breiten Geldmenge um mindestens 5 % führen. Die Faustregel für das wichtige Währungspaar EUR/USD lautet derweil: Ein Programm, das die Geldmenge um 5 % erhöht führt zu einer Abwertung um 5 %.

Vor einigen Monaten startete in Australien und Neuseeland ein globaler Zyklus der Leitzinssenkung. Die US-Notenbank Fed folgt diesem Trend seit Ende Juli und wird die geldpolitische Lockerung in den nächsten 12 bis 24 Monaten noch beschleunigen. Der Endpunkt ist zwar unsicher, doch die Richtung steht fest: Die US-Leitzinsen dürften in den nächsten 12 Monaten ohne Zweifel in Richtung 1,00 % sinken. Die Frage ist, ob die Märkte beginnen, einen Leitzins von 0,50 % oder sogar 0,00 % einzupreisen. Die Kombination beider Szenarien macht den mittleren Abschnitt der US-Treasury-Zinskurve attraktiv.

In Europa bewerten wir das Risikoprofil tief negativer Nominalzinsen als suboptimal. Die EZB muss die Erwartungen an die Gesamtinflation anheben. Dies gelang der schwedischen Riksbank unter anderem durch eine Senkung der Einlagesätze auf -1,25 %. Die schwedische Zinskurve verläuft flach mit 10-jährigen Realzinsen von -2,30 %. Aktuell schwanken die deutschen, französischen und spanischen Realzinsen um -1,60 %, -1,35 % und -0,95 %. In der EWU liegen die marktbasierten Inflationserwartungen über alle Laufzeiten und Länder bei lediglich 0,90 %. Die EZB kann sich als Sieger fühlen, sobald diese wichtige Kennzahl 1,50 % übersteigt. Bei mehr als 1,75 % hat sie das Vertrauen am Markt wiederhergestellt.

Wie sollte man sich mit Anleihen positionieren?

Es gibt keine goldene Regel für eine Portfoliostruktur, weil sich die Erwartungen der Anleger und ihre Risikobereitschaft unterscheiden. Wir empfehlen eine Diversifizierung über nachhaltige Staatsanleihen aus Industrie- und Schwellenländern, die von Staaten begeben werden, die demokratische Werte und Menschenrechte achten. Bei Unternehmensanleihen sollte die Auswahl auf hochwertige Emittenten von Investment Grade und High Yield-Papieren fallen, die erwiesenermaßen ihre Bilanzen über Anleihezyklen hinweg in Ordnung gehalten haben. Im Vorlauf einer Rezession stellen wir deutlich zunehmende Unterschiede hinsichtlich der länder- und unternehmensspezifischen Kreditereignisse fest. Die Zentralbanken werden sicherstellen, dass die Liquiditätsversorgung solvente Emittenten weiterhin unterstützen wird. Letztendlich werden damit stabile finanzielle Bedingungen hergestellt.

Wir wiederholen, dass die Auswahl der zugrunde liegenden Anleihestrategien ebenso wichtig ist wie die richtige Positionierung über alle Anleihesegmente hinweg. Flexibilität ist ein Merkmal, das wir bei aktiv verwalteten Strategien – mit Indexbindung oder ohne – äußerst schätzen. Wir empfehlen Anlegern, sich auf diesen Ansatz zu konzentrieren und nicht darauf, welche Dimensionen negative Nominalzinsen erreichen können. Irrelevant ist ferner, wie lange wir mit negativen Nominalzinsen konfrontiert sein werden. Erwarten Sie keine Wunder in den nächsten Monaten oder gar Jahren! Untenstehende Grafik verdeutlicht die erwarteten Anleiherenditen der wichtigsten Indizes für Staatsanleihen aus Industrie- und Schwellenländern sowie für Investment Grade- und High Yield-Unternehmensanleihen in Euro und US-Dollar.

Quelle: DPAM, August 2019

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